Zwischenstand Chemie-Tarifverhandlungen: Rheinland-Pfalz, Nordrhein und Hessen ohne Ergebnis vertagt

Tarifrunde 2024 für Beschäftigte der chemisch-pharmazeutischen Industrie: Arbeitgeberverbände priorisieren Standort- und Beschäftigungssicherung

Chemieindustrie

Die Forderungen für die Chemie-Tarifrunde 2024 wurden im März beschlossen, derzeit laufen die Tarifverhandlungen für die 585.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie auf regionaler Ebene. Den Auftakt unter den bundesweit neun Tarifbezirken machte Rheinland-Pfalz am 15. April 2024. Die Verhandlungen für die rund 69.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Region wurden ergebnislos vertagt. „Die wirtschaftliche Lage der Branche spricht eine eindeutige Sprache: Die Verlustgeschäfte an den deutschen Standorten häufen sich. Die Branche erlebt die schwerste Strukturkrise seit Jahrzehnten. Wir müssen dem Schutz des Chemie-Standorts oberste Priorität einräumen und so Beschäftigung sichern“, erklärt Verhandlungsführer Hendrik Müller die Position der Chemie-Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz. Deshalb streben die Arbeitgeber einen krisengerechten Tarifabschluss an. „Die Produktion am Standort Deutschland ist vielfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Das Wachstum findet im Ausland statt. Die rheinland-pfälzische Chemie mit ihrem hohen Exportanteil von 70 Prozent ist davon besonders betroffen. Daher brauchen wir jetzt einen Krisentarifvertrag für die Branche“, betont Müller. Seine Aussagen stützen sich auf Zahlen des Statistischen Landesamtes für das Jahr 2023: Die Chemieproduktion in Rheinland-Pfalz ist um rund 15 Prozent geschrumpft, zudem fehlt jeder vierte Auftrag. Ein Aufschwung ist nicht in Sicht: Laut Arbeitgeberumfrage rechnen die meisten Unternehmen frühestens 2025 mit einer Besserung.

Stimmen aus der regionalen Tarifverhandlungen in der Region Nordrhein

Am 18. April folgten die Tarifverhandlungen im Bezirk Nordrhein, die ebenfalls ohne Ergebnis auf Bundesebene vertagt wurden. Für die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Region Aachen nahm Ralf Bruns, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes der chemischen Industrie Aachen, an den Verhandlungen vor Ort teil. „Die gesamtwirtschaftliche Lage und die vielen auch weltpolitischen Herausforderungen stellen eine große Belastung für die Betriebe dar. Diese Situation muss auch die Gewerkschaft bei den weiteren Verhandlungen berücksichtigen“, so Bruns. Die Gewerkschaft IGBCE fordert eine Erhöhung der Entgelte um sieben Prozent, tarifliche Regelungen zur Besserstellung der IGBCE-Mitglieder sowie eine Modernisierung des Entgelttarifvertrages.

Intensive Diskussionen in Hessen

Das gleiche Bild zeigte sich bei den regionalen Tarifverhandlungen für Hessen: Am 19. April 2024 trafen sich die Tarifparteien, konnten sich aber ebenfalls nicht einigen. Der Auftakt war geprägt von intensiven Debatten über die wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen, vor denen die Branche derzeit steht. Im vergangenen Jahr verzeichnete die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen einen deutlichen Produktionsrückgang von fast acht Prozent und einen Umsatzrückgang in etwa gleicher Höhe. Angesichts der auch 2024 anhaltenden Krise und des enormen Investitionsbedarfs für Klimaneutralität, Digitalisierung und demografischen Wandel sehen sich die hessischen Arbeitgeber gezwungen, die Forderungen der IGBCE Hessen-Thüringen nach einer Entgelterhöhung von sieben Prozent entschieden zurückzuweisen.

Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen sieht sich mit einer Vielzahl von Problemen wie hohen Strom- und Gaskosten, politischen Unsicherheiten und internationalen Konflikten konfrontiert. „Dies alles hat dazu geführt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit bereits merklich geschwächt wurde", erklärt Kolja Hosch von Clariant, Verhandlungsführer der hessischen Chemie-Arbeitgeber. „Ein teurer Tarifabschluss würde unsere Unternehmen zusätzlich belasten und ihre Erholungsfähigkeit weiter einschränken. Wir stecken tief in der Krise fest, eine spürbare Verbesserung der wirtschaftlichen Lage noch in diesem Jahr ist unwahrscheinlich." Trotz der intensiven Gespräche betont der Arbeitgeberverband Hessen-Chemie die Notwendigkeit konstruktiver Verhandlungen mit der Gewerkschaft. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit der IGBCE Lösungen zu finden, die Standort und Beschäftigung sichern", so Hosch weiter. „Was uns dabei helfen kann, ist die Tatsache, dass die Inflation in diesem Jahr im Schnitt auf 2,3 Prozent sinken wird.“

Weitere Verhandlungstermine auf Regional- und Bundesebene

In den kommenden Tagen folgen weitere regionale Verhandlungsrunden in den übrigen Tarifbezirken. Die regionalen Tarifrunden in den Regionen Nord und Westfalen sind für den 23. April geplant. In Baden-Württemberg treffen sich IGBCE und Arbeitgeber am 24. April, in Nordost und Bayern am 25. April. Die letzte regionale Verhandlung findet am 26. April im Saarland statt, bevor die Verhandlungen am 14. und 15. Mai 2024 auf Bundesebene fortgesetzt werden.
 

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