Pilotanlagen und Skalierung ebnen Weg von der Idee zur Marktreife

Risikominimierung beim Übergang zur industriellen Anwendung

Fraunhofer Pilotanlagenzentrum in Schkopau

In der Technologieentwicklung sind Pilotanlagen und die Skalierung von Produktionsprozessen entscheidend auf dem Weg von der ersten Idee bis hin zur Marktreife. In dieser kritischen Phase werden neuartige Konzepte nicht mehr nur im Labor, sondern unter realitätsnahen Bedingungen getestet. Hierbei geht es darum, die Machbarkeit, Effizienz und letztendlich die Marktfähigkeit der neuen Produkte oder Verfahren zu prüfen und zu verbessern. Diese Schritte sind essenziell, um aus vielversprechenden Ideen kommerziell erfolgreiche Produkte zu machen. In Mitteldeutschland bieten die Pilotanlagen der Fraunhofer-Institute einzigartige Unterstützung für diese Herausforderung.

Pilotanlagen sind ein entscheidendes Verbindungselement zwischen der Welt des Labors und der industriellen Produktion. Sie fungieren nicht einfach als größere Versionen von Laboreinrichtungen, sondern vielmehr als verkleinerte Versionen industrieller Anlagen, was für die Risikominimierung beim Übergang von Forschung zu industrieller Anwendung von großer Bedeutung ist. Durch den Betrieb von Industriegerätschaften in einem kleineren Maßstab können Technologien unter realen Bedingungen auf ihre Machbarkeit, Effizienz und Marktfähigkeit geprüft werden. So lässt sich das Risiko von Fehlinvestitionen deutlich reduzieren. Ein Beispiel hierfür ist der Bereich der Fermentation, wo im Pilotmaßstab die gleichen Fermenter eingesetzt werden, die auch in der großtechnischen Produktion genutzt werden. Ebenso werden in der Polymerverarbeitung die gleichen Extruder in den Pilotanlagen genutzt, wie sie auch später in der industriellen Produktion eingesetzt werden. Dadurch ist maximale Vergleichbarkeit gegeben, was den Weg für eine erfolgreiche Markteinführung neuer Technologien ebnet.

Wirtschaftliche Bedeutung von Pilotanlagen in der Produktentwicklung

Durch Experimente in Pilotanlagen werden essenzielle Daten wie Massen- und Energiebilanzen gesammelt, die für die kosteneffiziente Gestaltung von Industrieanlagen entscheidend sind. Diese Daten tragen zur Reduktion der initialen Investitionskosten bei und ermöglichen es gleichzeitig, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Prozesse zu steigern, was zu geringeren Betriebskosten führt. Die in Pilotanlagen generierten Daten, darunter Material- und Energiebilanzen sowie Prozessdaten, sind für die richtige Betriebsweise und zukünftige Anlagenauslegung maßgeblich. Zudem lassen sich in Pilotanlagen Mustermengen für umfangreiche Anwendungstests produzieren. Dies ist oft der erste Schritt, um größere Mengen eines Produkts zu generieren, die für ausführliche Tests und die Markteinführung neuer Produkte erforderlich sind. Insbesondere, da potenzielle Abnehmer vor dem Abschluss eines Kaufvertrags in der Regel größere Mengen für Endanwendungstests benötigen, ist diese Fähigkeit der Pilotanlagen von entscheidender Bedeutung.

Skalierung von Laborprozessen

Die Überführung von Prozessen aus dem Labor in Pilotanlagen und anschließend in die großtechnische Produktion stellt eine wesentliche Herausforderung dar, die entscheidend für die Transformation von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte ist. Eine der Hauptaufgaben in diesem Prozess ist die Auswahl des passenden Equipments, um den Übergang von kleineren Laborgeräten zu industriellen Anlagen zu ermöglichen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Anlagenherstellern und entsprechende Expertise für Verfahrenstechnik, um Geräte zu finden, die den Anforderungen des jeweiligen Prozesses gerecht werden und im größeren Maßstab funktionieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die sorgfältige Anlagenauslegung, damit alle Prozessschritte für eine hohe Produktausbeute und -qualität effizient und effektiv zusammenarbeiten. Hierbei ist ein tiefes Verständnis der Prozessdynamiken und eine präzise Anpassung der Prozessparameter erforderlich. Die Finanzierung solcher Skalierungsprojekte, die oft personal- und kostenintensiv sind, stellt eine weitere Herausforderung dar. Zwar bieten Förderprogramme häufig Unterstützung, doch besteht ein wachsender Bedarf an weiteren Finanzierungsmöglichkeiten, um die erfolgreiche Skalierung von der Forschung in die Industrie zu ermöglichen.

Anpassung und Übertragbarkeit als Schlüsselelemente für die großtechnische Produktion

Die vier Pilotanlagen der Fraunhofer-Gesellschaft im Herzen des mitteldeutschen Chemiedreiecks leisten für Unternehmen aus der Region elementare Unterstützung bei der Übertragung von neuen Technologien aus dem Labor in die industrielle Anwendung. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Erforschung und Verbesserung verfahrenstechnischer Prozessketten der Kunststoff verarbeitenden, chemischen, biotechnologischen und biomedizinischen Industrie vom Rohstoff bis zum Produkt. Die Zusammenarbeit mit Fraunhofer bietet Unternehmen in dieser kritischen Phase der Maßstabsübertragung nicht nur Unterstützung, sondern ermöglicht auch die praktische Umsetzung und Realisierung von Ideen. Der Prozess umfasst dabei alles von der Auswahl geeigneter Materialien über die Entwicklung skalierbarer Herstellungsverfahren bis hin zur Produktion von Mustermengen und der Gestaltung von Anlagen, die für die spezifischen Anforderungen an die Produkteigenschaften ausgelegt sind. Zugleich leisten diese Pilotanlagen einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer nachhaltigeren Kreislaufwirtschaft und zur Nutzung erneuerbarer Rohstoffe in der Chemie- und Kunststoffindustrie.

  • Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse in Leuna ist auf die Entwicklung und Skalierung energie- und stoffeffizienter Synthesen spezialisiert, die auf biogenen Roh- oder Reststoffen oder anderen regenerativen Ressourcen wie Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid basieren.
  • Das Hydrogen Lab Leuna verfügt über Testinfrastrukturen für die Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff, inklusive einer 157 Kilometer langen Wasserstoffpipeline und vier Testständen, die umfassende Möglichkeiten für die Erforschung und Erprobung von Elektrolyseuren und Power-to-X-Szenarien bieten.
  • Das Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum in Schkopau konzentriert sich auf Polymersynthese und -verarbeitung. In der größten außerindustriellen Polymersyntheseeinrichtung Europas werden Polymere bis zum Tonnenmaßstab synthetisiert und Kunststoffbauteile bis zum Vorserienmaßstab gefertigt.
  • Innerhalb des Leistungszentrums Chemie- und Biosystemtechnik der Fraunhofer-Gesellschaft wird besonderer Wert auf die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus den Pilotanlagen auf großtechnische Produktionsprozesse gelegt, in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen im Bereich des Anlagenbaus und Engineerings. Prozesse werden angepasst, sodass sie für großtechnische Anwendungen direkt anwendbar sind. So wird eine effiziente und reibungslose Skalierung der Prozesse von der Pilotphase bis hin zur vollen Produktionsgröße sichergestellt.

Die Nutzung der Pilotanlagen als Open-Access-Plattformen ermöglicht es Unternehmen, erheblich Zeit und Kosten in der Entwicklungs- und Markteinführungsphase neuer Produkte zu sparen. Diese Strategie beschleunigt nicht nur den Entwicklungsprozess, sondern fördert auch eine schnellere Markteinführung. In der zukünftigen Forschung und Entwicklung, besonders im Bereich der Bioökonomie und der Erschließung neuer Ressourcen wie Biomasse und CO2, wird den Pilotanlagen eine zunehmend wichtige Rolle zukommen.