VCI: Chemieproduktion stagniert im dritten Quartal 2023

Erholung im Chemiegeschäft für 2024 trotz aktueller Lage erwartet

Sinkende Chemieumsätze im dritten Quartal 2023

Laut Branchenverband VCI bleibt die Lage für die chemisch-pharmazeutische Industrie auch im dritten Quartal 2023 schwierig. Die Talsohle scheint zwar erreicht, eine Trendwende ist noch nicht erkennbar. Das Produktionsniveau verharrte weiterhin an einem Tiefpunkt. Kunden im In- und Ausland hielten sich mit Bestellungen zurück. Die Erzeugerpreise und der Branchenumsatz sanken. Den Unternehmen fehlen Aufträge. „Die deutsche Chemieindustrie tritt auf der Stelle und die Hoffnungen auf eine Besserung zum Jahresende schwinden. Hohe Energie- und Rohstoffpreise und der Auftragsmangel werden die Geschäfte weiterhin belasten“, stellt VCI-Präsident Markus Steilemann fest.

Produktion erreicht Talsohle

„Unsere Unternehmen sind deshalb gezwungen auf die Kostenbremse zu treten, sei es durch die Schließung von Produktionsanlagen, die Aufgabe einzelner Geschäftsfelder oder die Verlagerung von Investitionen ins Ausland. Echte Entlastungen für unsere energieintensive Industrie vermissen wir nach wie vor. Das Strompreispaket der Bundesregierung wird nicht ausreichen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen auf ein neues Level zu heben. Der Chemiepakt muss genutzt werden, um hier nachzubessern.“ Erstmals seit sechs Quartalen ist die Pharma- und Chemieproduktion nicht weiter gesunken. Gegenüber Vorquartal konnte die Branche im dritten Quartal 2023 sogar ein leichtes Plus von 0,1 Prozent verbuchen. Die Talsohle scheint erreicht, der Auftragseingang hat sich stabilisiert. Eine Trendwende war dies aber noch nicht. Während die Produktion von Anorganika, Spezialchemikalien und Polymeren zuletzt ausgeweitet wurde, drosselten die restlichen Sparten ihre Produktion. Das Produktionsniveau ist im Vergleich zum Vorjahresquartal um sechs Prozent gesunken. Die Kapazitäten waren weiterhin schlecht ausgelastet. Mit einer Auslastung von rund 76 Prozent wurde die Normalauslastung deutlich unterschritten.

Chemikalienpreise sinken weiter

Die Preise für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse lagen von Juli bis September fast drei Prozent niedriger als ein Quartal zuvor. Im 12-Monatsvergleich waren Chemikalien damit um sechs Prozent günstiger. Allerdings hat sich der Preisverfall abgeschwächt. Die Nachfrage hat sich zuletzt auf niedrigem Niveau stabilisiert. Energie- und Rohstoffkosten legen insgesamt wieder zu. Die Preisbewegungen fielen von Sparte zu Sparte unterschiedlich aus. Immer noch kräftige Preisrückgänge mussten die Hersteller der Grundstoffchemie verbuchen. Dagegen konnten die Preise für Pharmazeutika noch einmal erhöht werden. Allerdings lag das Preisniveau in allen Chemiesparten mit Ausnahme der Pharmazeutika und der Konsumchemikalien unter Vorjahresniveau. Die Lage auf den Energie- und Rohstoffmärkten bleibt angespannt. Zwar ist Deutschland beim Gas besser aufgestellt als noch vor einem Jahr. Bezüglich der Preise wird aber viel davon abhängen, wie kalt der Winter wird und wie viel die Verbraucher einsparen. Mit einem Rückgang der Gaspreise wird nicht gerechnet. Auch beim Rohöl deutet vieles auf eine Erhöhung hin.

Rückläufige Umsätze im In- und Ausland

Die Umsätze der chemisch-pharmazeutischen Industrie zeigten auch im dritten Quartal 2023 weiter abwärts. Die Kunden im In- und Ausland hielten sich mit Bestellungen zurück. Der Gesamtumsatz der Branche sank saisonbereinigt um 0,3 Prozent auf rund 55 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Verkaufserlöse um fast 14 Prozent niedriger. Allerdings nahm die Geschwindigkeit des Rückgangs im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ab. Während die Pharmaumsätze sogar ausgeweitet werden konnten, gingen die Chemieumsätze mit einem Minus von zwei Prozent noch einmal deutlich zurück. Hier scheint die Talsohle noch nicht ganz erreicht.

Die schwache Industriekonjunktur in Deutschland belastete weiterhin den Inlandsumsatz mit Chemikalien. Die Entspannung in den Lieferketten und sinkende Erzeugerpreise sprachen zusätzlich gegen einen Lageraufbau bei den Kunden aus der Industrie. Dagegen erfuhren die Pharmahersteller eine Belebung der Nachfrage. Insgesamt reichte der Zuwachs beim Pharmaumsatz aber nicht aus, um die Rückgänge im Chemieumsatz zu kompensieren. Der Inlandsumsatz der Branche insgesamt ging saisonbereinigt um 0,5 Prozent zum Vorquartal zurück. Mit einem Inlandsumsatz von 20 Milliarden Euro wurde das Vorjahresniveau um 17 Prozent verfehlt. Auch die Geschäfte mit Kunden im Ausland waren weiter rückläufig. Mit einem Minus von saisonbereinigt 0,1 Prozent fiel der Rückgang aber moderat aus. Stützend wirkten auch hier die Pharmaumsätze, die noch einmal kräftig ausgeweitet werden konnten. Die Chemieumsätze gingen dagegen weiter zurück. Mit einem Auslandsumsatz von insgesamt 35 Milliarden Euro verfehlte die Branche das Vorjahresniveau um zwölf Prozent.

Ausblick: Chemieproduktion hofft auf 2024

Die deutsche Chemieindustrie tritt weiterhin auf der Stelle. Zwar legte die Chemieproduktion im dritten Quartal leicht zu. Eine Trendwende war das allerdings noch nicht. Denn das Mengengeschäft konnte ebenso wie die Auftragsvolumina nicht zulegen. Erzeugerpreise und damit auch der Branchenumsatz waren weiterhin abwärtsgerichtet. Die Auftragsbücher sind leer und die Fertigwarenlager voll. Es fehlt an Aufträgen. Angesichts dieser Entwicklung herrscht in den Unternehmen weiterhin Rezessionsstimmung: Die aktuelle Geschäftslage wird negativ beurteilt. Und der Blick auf die Geschäftserwartungen verrät, dass die Geschäfte auch im Winter schwierig bleiben. Mit einer Belebung wird überwiegend nicht gerechnet. Sowohl die Exporterwartungen als auch die Produktionspläne der Unternehmen verharren im negativen Bereich. Eine Belebung wird es in diesem Jahr nicht mehr geben. Die Unternehmen hoffen nun auf eine Besserung im kommenden Jahr.

Aktuell sieht es aber nicht danach aus. Die europäische Wirtschaft stagnierte im dritten Quartal und die deutsche Wirtschaftsleistung schrumpfte sogar. Auch die Industrieproduktion wurde gedrosselt. Hohe Unsicherheiten und fallende Erzeugerpreise für Vorleistungsgüter der Industrie verhinderten zudem einen Lageraufbau und damit eine Belebung der Chemienachfrage in Deutschland und Europa. Mit einer Belebung der Chemienachfrage ist bis Jahresende nicht mehr zu rechnen. In Übersee sieht die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt etwas besser aus. Die Industrie- und damit auch die Chemieproduktion blieben zuletzt aufgrund fehlender Nachfrage ohne nennenswerte Dynamik. Weltweit gibt es in Teilen des Chemiegeschäftes daher Überkapazitäten. Und europäische Standorte sind wegen der hohen Produktionskosten hier im Nachteil. Vor diesem Hintergrund bleibt das Exportgeschäft der deutschen Chemieunternehmen schwierig.

Weltwirtschaftliche Flaute, Rezession in Deutschland, schwache Industriekonjunktur sowie international nicht wettbewerbsfähige Energie- und Rohstoffpreise: In dieser Gemengelage bleibt das Chemiegeschäft auch zum Jahresende schwierig. Eine Belebung wird es frühestens im kommenden Jahr geben. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen wir daher weiterhin mit einem Rückgang der Chemieproduktion von rund acht Prozent. Rechnet man das Pharmageschäft heraus, dürfte die Produktion in diesem Jahr um rund elf Prozent niedriger liegen als 2022. Der Branchenumsatz insgesamt wird voraussichtlich um rund 14 Prozent sinken.
 

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